Ellas Schreibwelt wurde an einem perfekten Ort bei strahlendem Sonnenschein geboren. Spontan bei einem Becher Kaffee und ein paar Keksen in einem dänischen Ferienhaus und damals erst noch bei Blogspot.
Bloggen war aufregend, neu, die ersten Wörter schienen nur auf diesen Moment gewartet zu haben. Seither bin ich oft bei meinen Social Media Streifzügen auf die Fragen gestoßen, ob ein Autor eine Website haben sollte oder sogar bloggen.
Gleichzeitig wuchs bei Ellas Schreibwelt die Zahl der unveröffentlichen Beiträge und überstieg bald die der geposteten. Also waren diese Fragen anderer Autoren durchaus auch Punkte, die mich beschäftigt haben.
Inzwischen bin ich wieder in Dänemark. Ein Jahr ist vergangen. Das Wetter ist bescheiden, aber dafür tickt der Kamin wie eine unregelmäßige schlagende Uhr. Irgendwann wird die Wärme bis zu meinem Sofa kommen.
Die Blog-Bilanz sieht inzwischen wieder besser aus. Ich habe mehr gepostet, als vor euch verheimlicht 😉 So gerne ich auch schreibe, bloggen fällt mir immer noch schwer.
Beim Schreiben schlüpfe ich in die unterschiedlichsten Rollen. Ich darf mutig, ängstlich, verwegen, verliebt, verträumt sein – beim Bloggen bin ich Ich. Ella, die Autorin.
In meinem Alltag ist Schreiben eines von vielen Dingen neben Arbeiten, Kochen, Saubermachen, Gärtnern, Aufräumen, Aufräumen und nochmals Aufräumen. Aber Dinge, die uns am Herzen liegen, sollten einen besonderen Platz bekommen.
Wer malt oder zeichnet, hängt sein Lieblingsbild auf. Wer näht, kuschelt sich unter die selbst gestaltete Decke, zieht das perfekte Kleid an oder weiß, wieviel er der eigenen Einkaufstasche zumuten kann. Wer häkelt oder strickt, beschenkt damit seine Liebsten oder verkauft die eigenen Kreationen selbstbewusst auf Märkten oder im Internet.
Dieser Blog ist mein besonderer Platz. Mein Reisetagebuch. Hier zählen all die anderen Dinge des Alltags nicht. Ich habe das Motiv der Reise damals bewusst genutzt. Ich wusste, ich musste etwas an mir und meinem Schreiben ändern. Nicht nur weil ich feststeckte, sondern auch, weil ich die Grenzen meiner Schreibwelt erreicht hatte.
Wie sehr mich diese Reise verändert hat, merke ich, wenn ich in den ersten Beiträgen stöbere. Ob für den Blog oder für mich selbst, ich habe nach allem gesucht, was mit Schreiben zu tun hat. Gefunden habe ich sehr viel mehr, als ich gehofft hatte.
Wenn ich also heute die Frage lese, ob ein Autor eine Website haben sollte oder einen Blog, dann liegt die Antwort für mich auf der Hand. Sie ist so einfach wie die Entscheidung vor einem Jahr – mit den Füßen in der Sonne. Ja! Sicherlich! Auf jeden Fall (trotz DGSVO)! Wenn ein Autor nichts zu sagen hat, warum ist er Autor?
Dein Leben geht niemanden etwas an? Mag sein. Aber es gibt unglaublich viele Geschichten rundherum. Wie diese: mein Kind hatte Besuch von einer Freundin. Sie versucht den frühen Tod ihres Vaters in Briefen, Geschichten, Essays zu verarbeiten. Sie schreibt auf dem Handy, manchmal auch auf ausgerissenen Seiten eines Collegeblocks.
Sie hatte den unglaublichen Mut, mir ihre Geschichten zu zeigen. Es war sehr persönlich, eher wie ein Tagebuch. Auch ein Liebesbrief war dabei. Deutlich war aber auch der Anfang des Schreibens zu erkennen. Was fehlte, war das Wissen. Wie geht schreiben? Gibt es andere Weg zu schreiben? Wie findet man diese anderen Wege?
Früher habe ich mir über die Art und Weise des Schreibens wenig Gedanken gemacht. Ich habe geschrieben, so wie sie. Einfach drauf los, frei von der Seele, was so lastend darauf lag oder zumindest in Gedanken erlebt werden wollte. Irgendwann kam mehr Struktur hinzu, aber meine ersten öffentlichen Gehversuche waren ein Misserfolg und so zog ich mich wie in ein Schneckenhaus auf meine Insel zurück.
Ich gab dem Mädchen Tipps. Wo findet sie Hilfe zum Thema Schreiben, wo kann sie sich ausprobieren. Außerdem erzählte ich ihr von meiner Geschichte. Und für einen winzigen Moment passierte das, was Schreiben oder auch Geschichten erzählen ausmacht, es verbindet und verzaubert Menschen. Es bringt sie an andere Orte, lässt sie Schicksale teilen, als wäre es Freunde und keine fiktiven Gestalten.
Ich habe diesen Zauber vermisst. Vor allem, ihn zu teilen. Ich erlebe ihn oft für mich, aber das ist verdammt einsam. Plötzlich war dieses Knistern in der Luft, dieses „Was passiert dann?“. Die Fantasie ging auf die Jagd, aber die Antwort auf diese Frage bin ich schuldig geblieben. Nur für den Fall der Fälle, dass „Jules“ doch irgendwann das Licht der Öffentlichkeit erblickt.
Mit diesem Blog habe ich mir ein Versprechen gegeben – es noch einmal zu versuchen. Ich habe mir eine Deadline für Jules gesetzt (nicht die erste Deadline wohlgemerkt, wenn auch für dieses Projekt) und nach Wegen gesucht, die mich voranbringen. Ich habe sie gefunden. Meine Energie hat manchmal meine ganze körperliche Kraft aufgebraucht, aber ich bin heute ein anderer Autor als noch vor einem Jahr.
Ich habe „Jules“ Wochen vor der Deadline mit 88.000 Wörtern fertig gestellt und bin jetzt am Überarbeiten. Ich habe Beiträge für drei Blogs geschrieben und zwei Kurzgeschichten veröffentlicht. Ich habe ein Schreibtagebuch angefangen und schreibe mindestens an vier Tagen in der Woche. Ich habe mir meinen Schreiballtag eingerichtet und er ist vor allem eines – vielseitig!
Wenn der Erfolgsdruck zu groß wird, beiße ich mich nicht länger an einzelnen Sätzen fest, sondern nutze eine der vielen Methoden, die ich im letzten Jahr kennen und schätzen gelernt habe, um trotzdem weiterzukommen.
Als ich von meiner Ich-Insel ablegte, habe ich mich in einem Schlauchboot gesehen. Ich saß am Steuer des Außenborders und bin auf das Meer hinausgefahren. Heute bin ich an Bord einer kleinen Segeljacht. Es ist eine Nussschale, aber ich steuere. Ich setze die Segel. Ich überlasse mein Schicksal nicht einem Motor aus der Fabrik, sondern meinem Gefühl für das Material und die Elemente.
Dabei gibt es auch manche Rückschläge. Energie muss von irgendwoher kommen – das weiß ich jetzt. Niemand könnte ewig einem Sturm trotzen, selbst wenn er noch so verbissen kämpft. Pausen anzunehmen und zu genießen ist daher inzwischen Teil meines Weges, auch zur Belohnung für eingehaltene Deadlines oder fertige Blogartikel.
Die Belohnung wäre heute ein Spaziergang. Weg vom Sofa und Computer, hinaus an die frische Luft, um Energie für den nächsten Schritt zu sammeln. Aber statt die Füße in die Sonne zu richten, zeigen sie zum Feuer. Das Ticken des Kamins hat aufgehört, dafür ist aus dem leichten Nieselregen, prasselnder Dauerregen geworden. Ein Gewitter tobt sich in unmittelbarer Nähe aus.
Geburtstage sind nicht nur Sonnentage. Es gibt auch die anderen, aber die können genauso schön sein.
Bleibt beim Schreiben oder woran auch immer euer Herzblut hängt. Gebt nicht auf, sucht nach neuen Wegen, Freunden, Unterstützung – denn am Ende wartet ein unglaubliches Gefühl: es geschafft zu haben.
Ein kleines Stück dieses Kuchens werde ich heute am ersten Geburtstag Ellas Schreibwelt naschen.