Vor allem Neulinge im Netz erwarten, dass ihr erster Auftritt gebührend Beachtung findet, aber es gibt Regeln, die sowohl für die digitale Welt, als auch die Alltagswelt gelten. Ich habe dafür einen kleinen Selbstversuch unternommen und bin auf den Elmshorner Buttermarkt gegangen.
Der Buttermarkt
Auf dem rissigen Betonplatz tummeln sich Menschen und Stände. Ein flüchtiger Blick verrät mir – ich kenne niemanden. Andererseits wundert mich das nicht, habe ich doch jahrelang einen Bogen um den Wochenmarkt gemacht.
Dabei liebe ich die Geruchskulisse. Gebratene Würstchen, frisch gekochtes Sauerkraut, Fisch, knackiges Obst und Gemüse wetteifern um meine Aufmerksamkeit.
Allerdings überfordern mich die Menschenmassen und erinnern mich daran, warum ich so selten auf den Markt gehe. An manchen Stellen werden die Gänge zwischen den Ständen so eng, dass ich die Luft anhalten muss und mitschwimmen, bis ich mich endlich wieder frei bewegen kann.
Normalerweise habe ich keine Platzangst, aber der Markt ist an manchen Tagen eine Herausforderung. Dazu kommt der unebene Boden. Ich stolpere, schiebe mich vorwärts, sortiere Gerüche, verarbeite Farben und versuche mich ganz nebenbei zu erinnern, was ich überhaupt kaufen möchte.
Gesprächsfetzen. Freudiges Hallo. Smalltalk. Ob vor Ständen oder mitten im Gang, so dass sich der Strom aus Menschen teilen muss, um voranzukommen. Ich suche vergeblich nach vertrauten Gesichtern. Eines erkenne ich jedoch wieder und er mich ebenfalls.
Er ist Verkäufer an einem der Obststände. Sofort hängt eine unausgesprochene Frage in der Luft. Er ist neugierig. Ich kann es ihm nicht verdenken, aber eine andere Kundin lenkt ihn ab. Vielleicht werde ich ihm ein anderes Mal verraten, warum ich seinen Stand in der Vorwoche fotografiert habe. Ruhm hat er leider deshalb nicht zu erwarten, aber es kommt anscheinend nicht häufig vor, dass Marktbesucher Fotos von Paprika schießen.
Nach dem ersten Rundgang erwartet mich die Markthalle. Der alte rote Backsteinbau erhebt sich mehrere Stockwerke hoch mittag am Ende des Betonplatzes, aber nur das Erdgeschoss ist offen für weitere Verkaufsstände sowie ein kleines Café.
Natürlich stehen auch am Eingang zur Halle Besucher. Sie blockieren die schmale Treppe, nehmen nichts anderes als ihre Gesprächspartner wahr. Ich bin nicht die Einzige, die auf die steile Rollstuhlrampe ausweicht, um in das Gebäude zu gelangen.
Ich tauche ich das muffige Dunkel des Gebäudes ein und werde sofort gebremst. Die Gänge so schmal, dass kaum zwei Personen aneinander vorbeikommen. Gefüllte Taschen, Kinderwagen werden zu unüberwindlichen Hindernissen. Rückwärts gehen, ausweichen, sich eng an Verkaufstresen pressen. Der Herzschlag steigt – da hilft nur eines – die Auslagen bewundern, um die Enge und die Menschen zu vergessen.
Dabei sind meine Taschen bereits mit Äpfeln, Kartoffeln und Gemüse gefüllt. Aufatmend arbeitete ich mich zu dem kleinen Café vor, ergattere sogar eine kleine Ecke für mich. Endlich kann ich meiner Lieblingstätigkeit nachgehen: beobachten aus sicherer Entfernung.
Ich verstaue meine Taschen, stoße dabei auf meine Kamera. In letzter Zeit begleitet sie mich überall hin. Aber gibt es hier ein Motiv? Niemand scheint mich zu beachten. Um mich herum haben sich kleine Gruppen zusammengefunden, die Verkäufer an den Ständen beginnen bereits aufzuräumen, da der Markt bald zu Ende geht.
Ich stehe auf, hebe die Kamera. Ein Mann schiebt sich ins Bild. Er entschuldigt sich sofort, fragt, ob der Platz gegenüber noch frei ist. Ich versuche, mich von ihm nicht beirren zu lassen, aber meine Portion Mut ist aufgebraucht. Stattdessen erkläre ich meinem Gegenüber, dass mir das Fotografieren hilft, meine Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Wir kommen ins Gespräch. Er kommt aus Elmshorn, ist aber vor Jahren nach Berlin gezogen. Wenn er seine Eltern über das Wochenende besucht, ist der Markt Pflichtprogramm. Wir tauschen Erinnerungen aus, entdecken einige Gemeinsamkeiten.
Der Kaffee ist viel zu schnell ausgetrunken. Er verabschiedet sich, verschwindet in der Menge und auch ich mache mich auf den Weg nach Hause. Die Taschen sind schwer. Zu gern hätte ich jetzt ein Auto mit einem großen leeren Kofferraum, aber den Markt erreicht man am besten mit dem Fahrrad. Auch meines steht irgendwo in der Menge.
Ich bin froh, die Menschentraube hinter mir zu lassen. Ich nehme meine Einkäufe und neue Eindrücke mit. Vielleicht treffe ich den Mann aus dem Café bei seinem nächsten Besuch wieder. Vielleicht kaufe ich das nächste Mal am Obststand und erkläre dem Verkäufer, dass seine Paprika jetzt als Foto in einem Blogbeitrage auftauchen.
Die Vorgeschichte
Der Sprung vom Netz ins reale Leben
Eine Freundin von mir bat mich, ihr zu helfen, ihre erste Geschichte online zu stellen. Fast täglich fragte sie mich, wer sie denn jetzt kommentiert oder wie viele Herzchen sie dafür bekommen hätte.
Ich suchte also nach einem Weg, ihr zu erklären, warum sie weder Aufsehen erregte, noch irgendein Herzchen bekam und kam auf den Vergleich mit einem Wochenmarkt.
In der ersten Version dieses Blogbeitrages erklärte ich anhand eines fiktiven Marktbesuches, wie die Sache mit dem Lächeln funktioniert. Aber ich bin kein Fan von „hätte“ und „könnte“, außerdem war ich durch meinen eigenen Blogbeitrag neugierig geworden.
Ich besuchte den Buttermarkt in Elmshorn und verhielt mich genau wie meine Freundin. Ich wartete darauf, dass ich wahrgenommen wurde, begrüßt oder vielleicht sogar Teil einer der kleinen Grüppchen sein würde.
Aufeinander zugehen
Ob reales Leben oder digital, wenn du darauf wartest, dass Menschen auf dich zukommen, braucht du unter Umständen einen langen Atem.
Was also kannst du tun, wenn du in einer ähnlichen Situation wie meine Freundin bist:
- verabrede dich mit jemandem, der sich auskennt und dich vorstellt
- nutze Gemeinsamkeiten mit Anderen
- verschenke dein Lächeln
Wahrscheinlich kannst du dir ungefähr vorstellen, wie sich diese Möglichkeiten für einen Marktbesuch umsetzen lassen, aber im Netz?
Tipp 1, um im Internet wahrgenommen zu werden
Die schnellste Möglichkeit, um im Netz wahrgenommen zu werden, besteht darin, das Potential deiner Freunde zu nutzen. Je nachdem wo ihr digitaler Schwerpunkt liegt, können sie dich vorstellen, dich verlinken oder auch einen Beitrag von dir teilen.
Falls du keinen „digitalen“ Freund hast, kann es helfen, Portale zu nutzen, die eine Suchfunktion mit Schlagwörtern zur Verfügung stellen oder in der sich Neulinge vorstellen können. Falls du bloggst können es z.B. entsprechende Blog-Reader sein und/oder soziale Netzwerke.
Tipp 2, um neue Freunde im Netz zu finden
Gemeinsamkeit verbindet. Was für dein Privatleben gilt, ist auch auf das Netz übertragbar. Ob in Foren oder sozialen Netzwerken, überall gibt es Gruppen oder auch #Hashtags, die Menschen mit den gleichen Interessen verbinden.
Es muss ja nicht gleich Facebook sein, aber wer es trotzdem versuchen möchte, wird dort mit vielen sehr unterschiedlichen Gruppen belohnt, in denen es z.T. sehr familär zugeht und die helfen können, dich als Neuling zu unterstützen.
Aber auch mit Hilfe von bestimmten Hashtags kannst du z.B. auf Instagram oder Twitter Gleichgesinnte finden und auf dich aufmerksam machen.
Tipp 3, zeige anderen wer und wie du bist
Dieser Tipp ist der einfachste und schwierigste zugleich. Statt abzuwarten, dass du entdeckt wirst, gehe in Form von Likes, Herzchen oder auch Kommentaren auf andere zu. Geht deine Wertschätzung beim ersten Mal unter, versuche es weiter. Irgendwann lächelt jemand zurück.
Im wirklichen Leben können wir anhand der Haltung, dem Aussehen, der Kleidung, dem Geruch und der Sprache schnell abschätzen, ob uns jemand sympathisch ist oder auch nicht. Im Netz übernimmt all das dein Like, dein Kommentar. Es ist ein Wagnis, ein Abenteuer, aber wenn du wahrgenommen werden willst, ist dies Teil deines Weges.
Mein Fazit
Ein Lächeln kann nur der Anfang sein. Letztendlich entscheidet auch das jeweilige Interesse an der anderen Person, wie die Geschichte weitergeht.
Wer sich nicht traut, betritt nie einen Marktplatz oder bleibt am Rand der virtuellen Wirklichkeit stehen. Es gehört Mut dazu, den ersten Schritt zu wagen, aber wie bei allem anderen auch wird es leichter, je öfter du ihn wagst.
Und du ahnst es vielleicht schon … du kannst es sogar gleich ausprobieren! Ich freue mich, wenn auch ein Lächeln zurückkommt.